Rasse | Old English Bulldog |
Geburtsdatum | 19.10.2017 |
Geschlecht | männlich kastriert |
Der Gremlin im Regen und den einzigen Kumpel den man einfach nicht zum Pogo einlädt weil danach alle einen Arzt brauchen. Mit acht Monaten attackierte er seine Besitzerin von hinten, warf sie zu Boden und biss ihr Teile aus Gesicht und Armen. Lediglich der hauseigenen überlegenen Hündin und der Nachbarin, welche diese raus in den Garten ließ ist ein glimpflicher Ausgang dieser Attacke zu verdanken. Seine Besitzerin schleppte sich zurück ins Haus und wurde mit dem Notarzt ins nächste Krankenhaus gebracht während Polizei und Feuerwehr mit Fangstangen versuchten Stitch aus dem Garten zu fischen. Als der Besitzer, welcher auf der Arbeit von dem Vorfall erfahren hatte ankam, stellte man die Einfangaktion aber umgehend ein, der zuständige Amtsveterinär stellte fest, dass es zum Wohle des Hundes besser sei ihn in der Familie zu belassen und ließ den Halter mit dem mittlerweile angeleinten blutverschmierten Hund und den beiden Kindern der Familie im Garten zurück wo noch einzelne Überbleibsel des Kampfes zu sehen waren. Meh- bei Waffen wäre das Verfahren wohl anders gewesen. Das zuständige Tierheim rückte auf Bitten des Halters zwar an, bemerkte aber gleich, dass man den Hund nur einige Tage im Zwinger aufbewahren könne, da das Heim für solche Fälle nicht ausgelegt sei und auch nicht Willens das Leben der Mitarbeiter zu gefährden. Noch reichlich unter Schock bekamen wir einen Anruf vom Halter welcher schier am Ende seines Lateins angekommen war. Sein Hund hatte also grade seine Frau zerfleischt, sitze jetzt im Tierheim Sowieso und er habe 5 Tage Zeit etwas zu finden. Der Hund sei ohne Gutachten nicht einzuschläfern, da er sich sonst strafbar mache, der Hund selbst sei mit 8 Monaten aber eben für den Wesenstest noch nicht zugelassen. Er sieht die Schuld bei sich, habe versagt, brauche nun Hilfe, durfte sich aber bereits ordentlich was von Tierschützern und Ämtern anhören die er wegen Stitch kontaktiert hatte. 3 Tage später kamen beide zu uns in die Foundation. Der Kofferraum ging auf und ein drahtiger sehr athletischer Bulldog mit bernsteinfarbenen Augen hielt inne und starrte mich an. Sein Blick mit den weit außeinander stehenden Augen, die sehr kleinen verspiegelten Pupillen und der sehr breite Fang erinnerten fast an den einer Klapperschlange . Stitchs Züchterin litt an Depressionen, die Hündin hatte die Welpen abgelehnt und musste auf Grund von Aggressionen vom Wurf getrennt werden. Stitch hatte eine harte und konsequente Erziehung erfahren. Mit Eintritt der Geschlechtsreife kam es zunehmend vor, dass er die Halterin stellte und im allgemeinen Konflikte provozierte. Kein Maulkorb saß richtig und wenn er los ging dann ohne weitere Anzeichen von Unbehagen.
Der Halter verabschiedete sich rasch und ich brachte Stitch in den Quarantäne Raum, da wir dort die beste Zugriffsmöglichkeit hatten. Wir beschlossen ihn sich erstmal akklimatisieren zu lassen und saßen an diesem ausnahmsweise netten Tag draußen vor dem Raum. Natürlich riss er sich den Maulkorb herunter den der Halter ihm aufgesetzt hatte und während wir uns unterhielten fiel uns das Augenpaar auf welches uns durch die Scheibe grade so über die Kante der Fensterbank lugend beobachtete. Gruseliger Typ. Und das war er. Als ich wenig später einen neuen Maulkorb anziehen wollte parierte er einwandfrei. Setzte sich im Zwinger (der im Raum aufgebaut war ) hin und lies sich die Leine über den Kopf legen. Seine Augen verfolgten dabei meine Hände aber auf eine wirklich seltsame Art. Wie ein Frosch der eine Fliege beobachtete. Als ich dies bemerkte fixierte ich ruhig die Leine am Gitter des Zwingers. Stitch saß ruhig da und schaute relativ uninteressiert durch die Gegend. Als ich ihm dann den Rücken zudrehte um den Maulkorb zu greifen ging er fast Geräuschlos hoch, seine Vorderpfoten streiften meinen Rücken und er schrie vor Wut als er den Wiederstand der Leine vernahm. Er sprang immer wieder wütend in die Leine und schlug schreiend wie ein Kind mit den Pfoten nach mir, als wolle er mich damit greifen. Als ich mit einem wütenden Schritt auf ihn zutrat und ein Sitz zischte setze er sich umgehend hin und beschwichtigte.
Wenige Tage später hatte das Veterinäramt seine Akte auf dem Tisch liegen und war not amused. Auch hier kam die selbe Aussage, das der Halter den Hund auch hätte behalten können und für die Unterbringung selbst sorgen müssen. Wir bekamen etwas erzürnt die Auflage den Hund einem MRT zu unterziehen und ihn ggf. direkt einzuschläfern würden Anomalien festgestellt. Ich willigte ein, fast schon sicher, dass man für 1200 Euro nun einen brandaktuellen Screenshot vom Gehirn einer Bulldogge bekommen würde und so war es auch.
Ja aber was hat er denn ?
Stitch, Mama Bulldog, Papa Terrier, Sternzeichen Arschloch hat vor allem eins das Wissen dass man ein Gefühl von Sicherheit und Frieden nur dann erreicht wenn unvorstellbare Gewalt und Brutalität diesem vorausgegangen sind. Er wuchs neben ambivalenten Menschen und in einer Erziehung auf, die ihm einen absoluten Grundgehorsam eingebrannt hat, die aber auch derart brutal umgesetzt wurde dass er sich an dieses Auf und Ab gewöhnt hat und förmlich süchtig nach derartigen Kicks und Prügeleien ist.er wäre ein wahnsinnig guter Bullfighter geworden in der Donnerkuppel neben Mad Max und all den anderen…aber … falsches Universum. Ihn triggern vor allem Menschen die Angst vor ihm haben oder in seinen Augen unterlegen/schwach sind. Ebenfalls wurde er durch die Fangstangen der Polizei und Feuerwehr sehr ungünstig auf Menschen mit Stöcken in der Hand getriggert.
Wie arbeitet man mit so einem?
Natürlich ist für Typen wie Stitch wichtig seine Erwartung nicht zu erfüllen. Auf eine Attacke nicht mit Gegenwehr antworten, sondern fangen und halten, lachen und weiter machen. Seine Suche nach Streit oder Opfern durchbrechen, indem man sein Verhalten mit einem Verweis durch seine Bezugsperson auf ein eigenes Problem umstellt. Suchst du Stress, kannste grad weggehen, sind wa keine Kumpels mehr und überhaupt – Tschüss mach n Abflug. Denn das ist tatsächlich etwas was Stitch sehr demütig reagieren lässt. Kurz: Man zeigt signalisiert also bereits wenn er anzeigt was er vor hat, dass dieses Verhalten einem missfällt. Somit kommt es nicht zum Angriff und damit auch nicht zur Selbsbestätigung und schon der Gedanke lohnt sich irgendwann einfach nicht mehr. Wenn er einen Menschen erstmal akzeptiert, verhält er sich wie ein fast normaler Hund. Fast normal eben weil man niemals ausschließen kann, dass er ggf. auf irgendeinen bislang unbekannten Reiz anspricht und sein Verhalten sich schlagartig ändert.
In der Tat löst er hier nicht mehr aus sondern dreht sich zu mir oder den Kollegen um wenn er in Situationen gerät oder sich vermeintliche Trigger anbahnen. Kaputt für die Zombieapokalypse aber ready für den Stadtbummel in Hamburg.
Natürlich haben solche Hunde ein falsches Verständnis oder zeigen vielmehr ein unangebrachtes Verhalten bei Leuten die sich nett verhalten, da es für ihn als Beschwichtigung gilt und diese wiederrum in seiner Agenda unter: “Muss erlöst werden“, läuft.
Hunde wie Stitch wachsen in einer Welt auf, wo alles aussichtlos erscheint wenn man sich nicht durchzusetzen weiss. Frei nach dem Motto.“ Nur die Harten kommen in n‘ Garten“, stiegen wir am Anfang jeden Morgen mit ihm in den Ring. Er ist eins zu eins der Boxer, der das Kämpfen auf der Straße gelernt hat, weil es sein Naturell bedient und er der völligen Eskalation mittlerweile einfach durch einen ungünstigen Hormoncocktail einiges abgewinnen kann.
Man arbeitet hier also mit einer selbstbestätigenden Sucht, Strategien und einem Trauma. Zugegeben solche Hunde sind zum Glück sehr selten, aber es gibt sie dann und wann wenn Rahmenbedingungen, Genetik und Erziehung gleichermaßen ungünstig fallen.
Und dann?….Nach dem MRT wurde eine Begutachtung durch eine anerkannte Verhaltenstherapeutin angeordnet welche ihm innerhalb einer 45 minütigen Testsequenz ein fehlgeleitetes Beutefangverhalten diagnostizierte. Der Versuch wurde mit einem Menschen durchgeführt, der Stitch provozierte und bedrohte und wenig später an ihm vorbei rennen sollte. Natürlich stand er zu dem Zeitpunkt schon auf Stitchs Hitlist= Opfer.
Für ein Jagdverhalten auf Menschen jedoch finden wir ihn zu klar. Zumal es völlig ausreicht wenn unsichere Menschen neben ihm sitzen, was eher nicht in den jagdlichen Bereich fällt da hier sämtliche Sequenzen der Jagd an sich fehlen. Auch kann man ihn während der Attacke abrufen und vom „Opfer“ wegholen ohne dass er weitere Versuche unternimmt dieses anzugehen.
MRT sagt also er hat ein Hirn. Nutzung und Auslastung fraglich.
Psychodoc sagt: er jagt Menschen.
Wesenstest sagt : Nein. Er ist zu jung.
Somit wurde Stitch eine sogenannte Sicherheitsverwahrung mit Auflage Maulkorb und Leine für immer und 2 mal lebenslänglich.
Warum erlöst man ihn nicht?
Eine Frage mit der wir uns im Bezug auf ihn sehr oft auseinander setzen mussten, niemals intern aber eben immer wenn mehrere Menschen die seine Story emotional packt davon erfahren haben.
Ich und auch das Team sind hier immer noch der Ansicht, dass sich Probleme nicht dadurch verbessern indem man sie totspritzt und in der Tierkörperbeseitigung unterbringt. Zu ergründen warum Stitch so ist wie er ist. Sein Verhalten genau zu beobachten und daraus zu lernen, um daraus Wissen für andere abzuleiten und durch Stitch selbst sichtbar zu machen, ist rein zufällig Ziel der Foundation und die Plätze sind Hunde wie Stitch gedacht und nicht für den unverstandenen Fehlimport oder den verpimpelten Designermischling vom reichsten Mann der Straße.
So begleitet mich Stitch im Hannibal Lecter Dress auf Seminare und hinterlässt schockierte aber dankbare angehende Hundetrainer die danach einfach wissen warum Selbstschutz wichtig ist und Hausbesuche als erste Kennenlernstunde dieser Tage eher out sind.
Ja kann er denn auch mal ohne Maulkorb?
Ja will das denn einer?
Ja aber ist dass denn lebenswert?
Das haben sich meine Eltern auch nicht gefragt als ich wegen meiner Pferdefresse eine feste Zahnspange mit Bügel um den Kopf herum verpasst bekam. Essen, lachen und schlafen geht damit Freunde finden halt nicht- aber die hat Stitch ja schon und unsere Zähne sind gleich schief, nur mal so.
Mittlerweile ist es ja so, wir drehen ihm den Rücken zu, wir fallen vor ihm hin, er liest mit mir Emails und heult mit, Praktikanten, Besucher, Trainer gehen mit ihm unter unserer Anleitung um und sämtliche Kamerateams haben ihn einfach auch überlebt. Warum? Weil Stitch Opfer seiner Strategien war und alternative Verhaltensweisen durchaus zulassen und lernen kann. Natürlich ist er nicht „heilbar“, weil dieses Verhalten keine Erkrankung ist, sondern Trauma, mit Triggern und Verhaltensweisen die dann aufblühen. Und eben auch Genetik die man händelbar machen kann aber nicht abstellt. Allerdings ist er auch hier in seiner Intensität um einiges gebremster und ich würde mal behaupten für erfahrene Menschen die kein emotionales Thema mit gesiebter Luft weil Maulkorb haben, problemlos händelbar.
Vermitteln werden wir ihn niemals weil es so geschrieben steht und ich mir solch einen Charakter weder in der Einöde noch im ländlichen Wohngebiet vorstellen will. Er trägt halt eine Machete im Gewissen welche bei sämtlichen Konflikten mitschwingen könnte. Demnach lassen wir ihn hier, aber nur wenn wir 10.000 Paten für ihn finden 😀 wenn nicht laufet und lernet, was die Hellhounds sagen ist Gesetz ^^